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Gesucht: Hambacher Forst

Mit einem Freund fahre ich mit dem Motorrad auf der Landstraße von Bergheim nach Jülich. Zu meiner Linken liegt ein großer Hügel, vielleicht sogar ein kleiner Berg. Er ist dicht bewaldet und leuchtet im fortschreitenden Herbst grün, braun, rot und gelb. Ein tolles Bild. Dahinter eine große Grube. Wahrscheinlich Braunkohletagebau. Ich denke: das sollte ich mir beim Laufen einmal näher ansehen.

Heute ist es soweit. Ich starte Google Maps und sehe mir die Gegend auf der Karte genauer an. Sofort sticht mir die Markierung ins Auge: “Hambacher Forst”. Ok, gerade ist etwas Ruhe beim Thema “Hambi” eingekehrt und immerhin sind einige Plätze nach wie vor als einladende Ausflugsziele ausgewiesen. Warum nicht. Die Stadt weist das Gebiet als Neuaufforstung aus – das klingt gar nicht nach dem schützenswerten und altehrwürdigen Wald aus der Presse?

Ich beginne meine Reise in Jülich. Aus der Entfernung erkenne ich bereits das Waldgebiet und die stattliche Anhöhe. Auf diese halte ich einfach zu. Das sollte passen. Ich erreiche erste Ausleger des Waldgebietes. Die Bäume sind sehr klein, also recht jung. Trotzdem schaue ich mich skeptisch nach potentiellen Baumhäusern, Plakaten, Absperrbändern und anderen Dingen um. Nichts. Auch keine Menschen.

Es fängt an zu Regnen, im Wald bekomme ich glücklicherweise wenig davon mit. Dann erreiche ich schließlich einen Parkplatz, auf dem einige wenige Menschen ihren Spaziergang mit dem Hundi zu starten scheinen. Der Parkplatz liegt am Fuß der großen Anhöhe und da ich mir einen tollen Ausblick von dort oben erwarte, beschließe ich dort hinauf zu klettern. Ein Weg führt offenbar mit moderatem Anstieg den kleinen Berg entlang. Davon halte ich aber nichts – weder dem Weg, noch dem vermutlich damit eher langsamen Aufstieg auf die gewünschte Höhe. Also los, schnurstracks den Berg hinauf.

Immer wieder denke ich: jetzt bin ich aber oben! Weit gefehlt, es geht immer noch weiter bergauf. Vielleicht hätte ich doch das Ding mit dem Weg und dem moderaten Aufstieg probieren sollen? Endlich bin ich aber ganz oben. Einen Ausblick habe ich aber nicht, der Wald ist zu dicht. Ein Blick auf die Karte sagt mir aber, dass ich nicht mehr weit vom Römerturm bzw. der Sophienhöhe entfernt bin. Gefühlt bin ich gerade einmal quer über den Schriftzug “Hambacher Forst” auf der Karte gelaufen. Aber auch hier ist alles still und friedlich.

An der Sophienhöhe angekommen werfe ich einen Blick in die Ferne. Hinter dem dichten Waldbewuchs ist die Braunkohlegrube nur zu erahnen. Von hier aus fällt mein Blick auf einen Stahlturm: der Wetterstation. Die Richtung passt mir gut. Auch wenn in diese Richtung mal wieder gar kein Weg verläuft, hindert mich das nicht daran, der Richtung in Luftlinie zu folgen. Der Abstieg vom Berg verläuft durch dichtes Geäst und Dornenbüsche, gemischt mit matschig bis sumpfigen Passagen. Ich erreiche schließlich den Turm und damit auch den Rand des Tagebaus.

Ein Batterie von Schildern mit Warnzeichen und der Aufschrift “Betriebsgelände – Zutritt verboten” hält mich von einem Besuch der Grube ab. Gerade in diesen Tagen muss ich wohl hier nicht unbedingt auffällig werden. In einer Lücke ohne Schilder erhalte ich am Ende dennoch einen Blick, indem ich auf einen kleinen Erdhügel klettere. Leider ist hier nur eine Art Kiesbaggerei, der große Blick auf die Grube bleibt mir weiterhin verwehrt.

Ich verlasse nun diesen Hambacher Forst (es muss wohl noch einen anderen geben), ohne wirklich einer Menschenseele begegnet zu sein und gelange in den Ort Hambach selber. Am Ortsrand entdecke ich auch das Schloß Hambach und verlasse den Ort damit wieder in Richtung Jülich. Laut Karte würde ich jetzt noch hinter der Kernforschungsanlage Jülich vorbei laufen. Da ich keine Lust habe über die Landstraße zu laufen, finde ich mich parallel dazu auf einem brachen Acker wieder. Den laufe ich auch entlang und tauche in eine kleine Baumschonung ein. Da die Richtung stimmt, durchquere ich die Bäume für mehrere Kilometer.

Nun stehe ich mitten im Wald vor einer großen Wasseransammlung. Wo bin ich denn jetzt hier? Wo ist die KFA? Und wie komme nun über dieses Wasser? Das Wasser scheint recht flach zu sein, eher so eine Art Sumpf oder Moor. Ich suche mir einen Weg entlang des Wassers und stapfe am Ende über Schilfgräser, die mich am Einsinken in die nasse Erde hindern. Die KFA werde ich so wohl nicht finden – und festen Boden auch nicht. Ich kämpfe mich aber eine ganze Weile über und durch das sumpfige Gebiet und trete mit klatschnassen Füßen und am Rande der Dämmerung aus dem Wald heraus. Aus der Ferne sehe ich die KFA, die ich wohl heute nicht mehr erreichen werde. Macht nichts.

Bei der Recherche zu diesem Beitrag finde ich nun heraus, dass ich eigentlich durch den aufgeforsteten Sophienwald gelaufen bin und der Aussichtpunkt auf dem größten, künstlichen Berg der Erde steht. Hoppla! Der Hambacher Forst aus der Presse liegt genau auf der anderen Seite der Grube. 

 

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